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  • Autorenbildvolmar.schmid

Sing as Liedji!

Aktualisiert: 29. Apr. 2020



Heute bewege ich mich auf dünnem Eis! Denn erstens bin ich ein künstlerischer Banause; ich gehe nach dem einfachen Prinzip, «das gefällt mir und das gefällt mir nicht» und bin skeptisch gegenüber dem ganzen akademischen Firlefanz bei Bildvernissagen, Konzertkritiken (und Weindegustationen). Und zweitens möchte ich heute über Musik, also über Kunst und Künstler in einem Metier reden, wo nach meiner Erfahrung die herausragende Grösse des Einen, die Winzigkeit des Anderen bedeutete.

Früher wurde viel gesungen, wo zwei und mehr sich in der Freizeit (manchmal sogar bei der Arbeit wie die Wolgaschlepper) trafen, stimmte einer ein Lied an und die anderen fielen kräftig ein. Es wurden Volkslieder gesungen, und in Ermangelung einer Oberwalliser Literatur. sang man, was man hörte oder fand. Zunächst waren es süddeutsche oder österreichische Volkslieder: «Mariechen sass weinend im Garten….», «In einem Polenstädtchen…», sie erzählten von Liebe, Sünde und Liebesleid, enthielten bis zu 30 Strophen und wurden immer in Hochdeutsch gesungen. Auch viele «klassische» Lieder, die wir in der Schule lernten waren Hochdeutsch: «Bergvagabunden», «Im schönsten Wiesengrunde», «Das Wandern ist der Müllers Lust». Dann fand man Schweizer Volkslieder wie «As Buerebüebli…», «Im Aargau sind zwei Liebi…», oder junge Männer brachten Lieder aus dem Militär mit, sie hatten sie dort mit dem Gefreiten Schneider gelernt: (Er hat der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Geistigen Landesverteidigung das Singen beigebracht und so einen Gegenpol zu den schmissigen deutschen SA und SS Lieder geschaffen vgl. das Horst Wessel Lied) «Die Nacht ist ohne Ende…», «Ich hat einen Kameraden…», «Das Leben ist ein Würfelspiel…». Oft wurden auch Kirchenlieder aus dem «Cantate» gesungen, und in Ausserberg soll mal einer eine Wette gewonnen haben, die lautete, von abends Sonnenuntergang bis morgens Sonnenaufgang andauernd zu singen, ohne sich zu wiederholen!

In den Fünfzigern entstanden die «walliserschweizerhochdeutschen» Lieder von Brantschen: «Diini dunklu brüünu Hüüsli…», «Bi der Geissbüeb i de Bäärgu…» und vor allem das «Gantertal» vom Adolf Imhof; der gründete auch den «Oberwalliser Volksliederchor» und sang mit ihm seine Lieder. Das Gantertal als Singspiel brachte es zu grosser Bekanntheit und Volksläufigkeit im Oberwallis und seine Lieder wurden landauf, landab gesungen. Aber Imhof hat auch einen Teil der Melodien aus dem umläufigen Volksliedgut genommen und neue getextet. Wer kennt nicht die «Briger Ballufierer» wahrscheinlich eines der urtümlichsten Walliserlieder; Adolf Imhof hat es komponiert?! Dazu habe ich ein wunderbares Erlebnis: In den Achtzigern wurde der Jodelklub «Zer Taferna» zu einer Kermess (Kirchweihfest) nach Niederfischbach (am nördlichen Rand des Westernwaldes, auf der Höhe von Köln) eingeladen; eröffnet wurde das Fest mit einem Umzug; wir (der Jodelklub) sassen auf einem Umzugswagen und vor uns waren die Trommler und die Pfeifer von Niederfischbach; hei, staunten wir, als sie zu spielen begannen! «Tamtaramta-aa, tamtaramtamtii…, die Melodie der «Briger Ballufierer», aber noch viel mehr staunten sie, als wie in der zweiten Strophe aus vollem Halse den Text mitsangen.

Als mein Vater Felix Schmid in den Sechzigern den Oberwalliser Volksliederchor übernahm, stellte er fest, dass es sich beim Oberwalliser Volkslied (Lieder mit walliserdeutschen Texten) um einen sehr beschränkten Kanon handelte, aus der Not begann er zu Texten von Ludwig Imesch und vor allem von Hannes Taugwalder selber Lieder zu komponieren, diese Lieder wurden aber nicht mehr volksläufig und es entstand eine Art «Oberwalliser Kunstlied». Vor allem die Texte von Taugwalder wurden auch von anderen eifrig vertont, so gibt es von «Iischi Miisch» mindestens vier Versionen und von allem durch Eugen Meier «Weischus düü» bekam das «Oberwalliser Volkslied» schweizweite Ausstrahlung.

Übrigens, auch das Jodellied hat im Wallis keine Tradition, der erste Jodelklub (Alpenrösli Siders) entstand 1929 von Heimwehdeutschschweizern gegründet und die ersten «walliser» Jodellieder (Zeiter, Schmid, Muther) in den siebziger Jahren!

Bürchen, 26. 4. 20

PS. Der Jahrgang 48 von Ausserberg besitzt noch heute ein eigenes Liederbuch mit mehr als 100 Titeln

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