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  • Autorenbildvolmar.schmid

... hescht der Toggo gsetzt?

Aktualisiert: 27. Apr. 2020


1250 wurde der Gotthard eröffnet und damit wurde die kürzeste Nord-Süd-Verbindung des Alpenbogens Wirklichkeit, und geriet die Innerschweiz, vor allem Uri, die vorher am Arsch der Welt lebten, ins Zentrum des Interesses der Grossmächte, vor allem Habsburgs, und führte 40 Jahre später zur Gründung der Eidgenossenschaft. Und du, geneigter Leser, beginnst dich zu fragen: was soll das? Was hat die neue 100 Note und das Leben unserer Vorfahren damit zu tun? Entscheidendes – du wirst sehen?

Ich habe schon erwähnt: drei Dinge sind es, die das Leben unserer Vorfahren wesentlich geprägt haben, das Klima, die Religion und die Realteilung (vgl. Blogbeitrag, Firchefaaru). Heute möchte ich über das Klima reden. Die alpine Zwischenlage bewirkt das trocken Walliser Klima, ohne künstliche Bewässerung gedeiht hier nur eine mager Alpinsteppe, höchstens für ein wenig Kleinviehhaltung geeignet. Wer im Walliser überleben wollte, für den hiess es: «Ohne Fleiss, keinen Preiss!»: die Wiesen mussten bewässert werden und so entstanden im ganzen Wallis (Ausnahme Val d’Illiez) ein riesiges Netz von Bewässerungskanälen (Süene). Und da hatten findige Walliser im 12. Jh. eine Methode entdeckt, wie man diese Wasserleiten auch über steile Felswände führen konnte. Man führte die Wasserrinne in einem Känel (entweder ein ausgehöhlter Baumstamm oder zusammengefugte Bretter) über die Felswände; das Problem war die Befestigung der Känel und hier kommts, dieses Befestigungswerk ist die eigentliche Krux. Man spitzte ein viereckiges Loch in die Felswand, dazu mussten die Arbeiter oft an Seilen hoch oben die Felswand heruntergelassen werden, in dieses Loch kam nun der Toggo (ein starkes Vierkantholz), der wurde mit Keilen im Felsloch befestigt. Vorne war Holzbalken durchbohrt, hier wurde nun ein Haaggo (natürlich gewachsener, krummer mindestens oberarmdicker Ast) durgezogen und mit Holzbolzen verkeilt. In diesen Haaggo konnten nun die Känel gelegt werden und nun halfen die Verkeilung und die Schwerkraft die ganze Konstruktion zu tragen. Mit dieser Technik konnten die schlimmsten Felswände überwunden werden; das Resultat ist heute ein Bewässerungsnetz von ca. 3’000 Km Haupt- und 40'000 Km Nebenkanälen (vgl. Suonen). Eine Leistung, die es der Schweiz wert war, auf der 100. Note verewigt zu werden. Natürlich haben Lawinen oder Steinschlag dies Werke oft zerstört und sie mussten repariert werden; zu diesem Kampf ums Wasser gibt es eine reichhaltige Literatur, z.B. Heer: An den Heiligen Wassern. (Der SAC Blüemlisalp, Ortsgruppe Ausserberg, hätte zu diesem Thema einen wunderbaren Film gedreht [«Der Chänizug», Film: Albert Heynen, Text: Felix Schmid; Teil 1; Teil 2]).

Als im 13. Jh. die Walserwanderungen begannen, zogen die Auswanderer auch ins Urserntal und da gab es für die Verbindung Richtung Deutschschweiz ein unüberwindbares Hindernis: die «Schöllenenschlucht»; nicht die Überquerung des Flusses bei der Teufelsbrücke war das Problem, nein, die steilen Felswände südlich der Brücke, wo heute das «Urnerloch» (Tunnel) nach Andermatt führt. Hier haben nun die Walser, mit ihrer Technik den «Stiebenden Steg» gebaut und damit den Gotthard durchgängig gemacht.

Diesmal habe ich nicht durchgestreckten Rücken, sondern stolzgeschw; ellte Brust!

Bürchen, 24. 4. 20

PS. Wer sich für das Thema interessiert, dem empfehle ich wärmstens das Suonenmuseum Wallis in Anére (die haben sogar ein eigenes Bier)

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